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Geschlechtsidentität und geschlechtliche Vielfalt

Geschlecht ist das, was du daraus machst. Denn auch, wenn man von außen häufig nur als Frau oder als Mann gesehen wird – wie du dich mit deinem Geschlecht identifizierst, wer du bist und wie du dich in Sachen Geschlecht empfindest, ist ganz allein dein Ding und keineswegs von anderen bestimmt.

Geschlechtsidentität – Was meint das genau?

Menschen unterscheiden sich in vielerlei Dingen: In dem, was uns wichtig ist, in dem, was wir mögen, und auch in dem, was wir fühlen. Und das betrifft nicht nur unsere eigenen Vorstellungen und Werte, sondern auch das Geschlecht, genauer gesagt: die Geschlechtsidentität.

Unter Geschlechtsidentität versteht man die die eigene Wahrnehmung und das eigene Empfinden der Zugehörigkeit zu einem oder auch mehreren Geschlechtern. So bekommt man zwar bei der Geburt ein Geschlecht zugewiesen – meistens Mann oder Frau – doch ob und wie du dich damit identifizierst, kann ganz unterschiedlich sein: Es gibt Menschen, die das von außen zugewiesene Geschlecht passend finden und die sich damit ausreichend beschrieben fühlen. Sie sind cis-ident oder auch cis*. Ist das nicht der Fall, dann ist man transident oder trans*. Und manchmal ist auch das von außen zugeschriebene Geschlecht nicht eindeutig. In diesem Fall spricht man von Intergeschlechtlichkeit oder inter*. Außerdem gibt es Menschen, die sich nicht (nur) als weiblich oder männlich definieren. Das heißt dann nicht-binär*, non-binary oder auch genderqueer.

Was bedeutet eigentlich das Sternchen, auch Gender-Stern genannt?

Das Sternchen (*) verdeutlicht, dass es eine große Vielfalt an persönlichen Verständnissen in der Zuordnung zu einem oder auch mehreren Geschlechtern gibt. Selbst wenn du cis* bist, von außen als Frau oder als Mann gesehen wirst und dich auch selbst so fühlst, gibt es immer noch sehr vielfältige Vorstellungen darüber, was denn nun für dich und für andere Frau-Sein oder Mann-Sein bedeuten. Und natürlich gilt das auch für nicht-binäre*, inter*- oder trans*Menschen. Deshalb wird das Sternchen mittlerweile häufig bei Anreden, Gruppenbezeichnungen oder Berufsbezeichnungen genutzt und mithilfe einer kleinen Pause gesprochen. Der Sinn dieser Schreib- und Sprechweise ist es, alle Geschlechter und ihre Vielfalt sichtbarer zu machen – denn die Art, wie wir schreiben und sprechen, beeinflusst auch die Art, wie wir denken.

Nur Mann oder Frau? Oder doch mehr?

Geschlecht umfasst ganz Vieles: Körperliche Merkmale und vermeintlich vorbestimmte soziale Eigenschaften ebenso wie das eigene Erleben und das äußere Erscheinungsbild. Und dabei hängen diese Dinge nicht unbedingt immer zusammen. Selbst in der Biologie und auch in der Medizin kennt man ganz viele Geschlechter: Das Anatomische, das Hormonelle, das Genetische, das Chromosomale und einige mehr. Und auch hier bedingt keines automatisch das andere – wenn man anatomisch eine Frau ist, bedeutet das nicht immer, dass man auch zwei X-Chromosomen hat. Bei dieser Vielzahl von Eigenschaften, durch die ein Geschlecht beschrieben werden kann, kann man also wohl kaum sagen, dass es nur zwei Geschlechter, nur Mann oder Frau, gibt.

In unserer Gesellschaft ist die Einteilung in zwei Geschlechter allerdings noch weitgehend üblich – man nennt diese Einteilung auch binäres Geschlechtersystem. Und man könnte glauben, das binäre System wäre nützlich, um bei all der Vielfalt an Geschlechtern nicht überfordert zu sein. Doch wenn man meint, dass es nur Mann oder Frau gibt, übersieht man ganz schnell das Wesentliche: Zu welchem Geschlecht oder zu welchen Geschlechtern man sich zugehörig fühlt, was man unter Frau-Sein, unter Mann-Sein, unter nicht-binär*-Sein, unter trans*-Sein, unter inter*-Sein – also unter Geschlecht-Sein – versteht, das ist immer ganz individuell.

»Auch wenn andere das vielleicht von mir erwarten – ich muss mich mit meinem Geschlecht nicht festlegen. Es gibt viel mehr als nur zwei Geschlechter. Und ich bin halt irgendwo dazwischen gelandet, was mein Umfeld einfach akzeptieren muss.« Neo, 22 Jahre

Wer nicht in das binäre Geschlechtersystem passt, immer übersehen und nicht mitgedacht wird oder sich sogar ständig selbst erklären muss, kann darunter sehr leiden. Menschen, die nicht in diese binäre Vorstellung von Geschlecht passen, werden außerdem oft diskriminiert oder sogar angegriffen. Und das kann erhebliche, auch gesundheitliche Folgen haben, denn Vielfalt und Gesundheit hängen eng zusammen. Mach dir deshalb bewusst, dass Geschlecht, selbst in der Biologie, vielfältig ist und dass auch eine binäre Vorstellung von Geschlecht keine Diskriminierung rechtfertigt.

Geschlecht ist bunt

So vielfältig Geschlecht sein kann, so vielfältig sind auch die Begriffe, mit denen man die Geschlechtsidentität beschreiben kann. Hier eine kleine Auswahl:

  • cis*: Damit sind Menschen gemeint, deren Geschlechtsidentität mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmen.
  • inter*: So nennen sich Menschen, deren körperliche Merkmale weder ausschließlich weiblich noch ausschließlich männlich sind, sondern entweder beides gleichzeitig oder nichts von beiden. Mittlerweile kann man dann auch die dritte Option »divers« in seine Papiere eintragen lassen.
  • (gender)queer: Damit bringt man zum Ausdruck, dass man die gesellschaftliche Norm der Zweigeschlechtlichkeit, also die binäre Beschränkung der Geschlechter auf Mann oder Frau, ablehnt. Und auch in Sachen sexueller Orientierung steht dieser Begriff für ein solches Verständnis von Vielfalt.
  • Neutrois: Neutrois-Menschen empfinden sich als neutral, wenn es um das Geschlecht geht.
  • non-binär oder non-binary: Das sind Überbegriffe für alle, die die Beschränkung der Geschlechter auf Mann oder Frau ablehnen – Geschlecht ist vielmehr als das.
  • androgyn: Damit beschreibt man ein Äußeres, bei dem gängige Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit nicht zu erkennen und eine Zuordnung nicht möglich sind.
  • trans*: trans*Menschen leben in einem anderen Geschlecht, als dem, das ihnen bei der Geburt zugeteilt wurde.
  • genderfluid: Wenn die Geschlechtsidentität zwischen verschiedenen Geschlechtern wechselt, sich mal mehr dem einen, mal mehr dem anderen zugehörig fühlt, nennt man das genderfluid.

Und das sind nur einige Begriffe, um Geschlechtsidentität zu beschreiben. Denn Geschlecht ist so individuell wie jeder Mensch selbst. Und deshalb gibt es auch Menschen, die sich gar nicht einordnen möchten und jegliches »Etikett« für sich ablehnen, selbst wenn ihnen, etwa in offiziellen Papieren, oft ein Geschlecht zugewiesen wird.

Typisch Frau, typisch Mann?

Es geht es oft gar nicht so sehr um biologische Faktoren, wenn es um Geschlecht geht – viel wichtiger sind gesellschaftliche und soziale Vorstellungen. Kleidung, Frisuren, Toiletten, Umkleiden, Filme, Sprache und vieles mehr – all das sind Dinge, die nach Geschlecht, häufig nach Frau oder Mann, unterteilt werden. Und auch viele Erwartungen sind mit dieser Einteilung verbunden, etwa wenn es um die Berufswahl oder um das Familienleben geht.

Zwar sind die Zeiten, in den Frauen nicht wählen und Männer nicht weinen durften, zum Glück vorbei – gesellschaftlich gibt es jedoch durchaus noch Vorstellungen darüber, was typisch für ein bestimmtes Geschlecht ist. Solche Vorstellungen können schwierig sein, gerade wenn man sie nicht erfüllt und vielleicht auch gar nicht erfüllen möchte. Deshalb: Mach dich frei von Erwartungen, die deinen eigenen Vorstellungen nicht entsprechen. Wie du deine Vielfalt im Alltag lebst, wie du dich zum Beispiel kleidest und ausdrückst, entscheidest du ganz alleine!

Geschlecht und sexuelle Orientierung – Was ist der Unterschied?

Geschlecht ist vielfältig. Und die sexuelle Orientierung ist auch vielfältig. Trotzdem handelt es sich dabei um unterschiedliche Dinge. Die sexuelle Orientierung bezieht sich auf das Geschlecht oder die Geschlechter der Personen, zu denen sich ein Mensch womöglich hingezogen fühlt. Bei der Geschlechtsidentität geht es um die Frage, ob sich ein Mensch selbst mit dem ihm zugewiesenen Geschlecht identifiziert, ob es ihn passend und ausreichend beschreibt. Nicht-binäre*, trans*- und inter*Menschen können deshalb genauso homo-, bi-, pan-, hetero- oder asexuell sein, wie cis*Menschen. Die Geschlechtsidentität sagt nichts über die sexuelle Orientierung aus.

Was hat das mit dem Aussehen zu tun?

Meist hängt es sehr stark mit deinem äußeren Erscheinungsbild zusammen, welchem Geschlecht dich andere zuordnen. Es gibt gesellschaftliche Vorstellungen, etwa darüber, welche Kleidung und welche Frisuren Frauen oder Männer zu tragen haben. Wie stark solche Vorstellungen über das äußere Erscheinungsbild sein können, wird oft unterschätzt. Denn sicherlich ist vieles davon auch eine Frage des persönlichen Geschmacks. Gerade wenn du von außen anders wahrgenommen wird, als du dich fühlst, können solche Vorstellungen aber zum Problem werden, zumal sie auch zu Vorurteilen führen können. Vielen trans*-Menschen etwa fällt es auch deshalb im Prozess der Identitätsfindung zunächst schwer, in dem Geschlecht zu leben, das sie für richtig und passend empfinden. Und auch wenn man sich keinem Geschlecht zuordnen möchte oder vielleicht auch gar keinem Geschlecht zugeordnet werden kann, halten sich Vorstellungen anderer darüber, wie man auszusehen hat, hartnäckig.

»Ich glaube, dass ich irgendwie nicht richtig »zu Hause« bin in meinem Körper, wusste ich schon immer. Aber erst viel später habe ich erfahren, dass es dafür einen Namen gibt. Und vor allem, dass ich damit nicht allein bin!« Hanna, 23 Jahre

Zu deiner Geschlechtsidentität zu stehen und dich auch nach außen als das Geschlecht oder als die Geschlechter zu geben, die du im Inneren fühlst, kostet oft Mut. Vielleicht stößt du sogar auf Unverständnis, wenn du zum Beispiel deine Kleidung oder deine Frisur änderst, um sie dem gefühlten Geschlecht anzugleichen. Ein solcher Schritt ist jedoch oft sehr befreiend. Und mittlerweile gibt es viele Möglichkeiten, um das Erscheinungsbild, das Auftreten und auch den Körper anzupassen – von Namensänderungen bis hin zu geschlechtsangleichenden Operationen.

Hat mein Geschlecht Einfluss auf Sex?

Auch in deinem Liebesleben spielen Geschlechter wahrscheinlich eine Rolle. Du fühlst dich zum Beispiel zu bestimmten Geschlechtern hingezogen oder verhältst dich gegenüber anderen Geschlechtern auf eine bestimmte Weise. Und wenn es intimer wird und du Sex hast, bekommt Geschlecht nochmal ganz besonders viel Aufmerksamkeit. 

Mach dir darüber aber nicht zu viele Gedanken, sondern probiere einfach aus, was sich gut anfühlt und sammle deine eigenen Erfahrungen. In Sachen Sexualität gibt es kein Richtig und kein Falsch – wie man flirtet, wie man sich näher kommt und auch wie man miteinander Sex hat, ist nicht durch das Geschlecht bestimmt. Es kommt nur darauf an, was du und dein Gegenüber möchten. Mach dir also keine Sorgen darüber, was vielleicht von dir erwartet wird, sondern sprich offen über deine Wünsche, deine Vorlieben und auch über Safer Sex. Und das hat einen positiven Nebeneffekt: Wenn ihr offen miteinander redet, lernt ihr euch auch besser kennen und gewinnt Vertrauen.

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