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Geschlechtliche Vielfalt – Mit welchem Geschlecht identifiziert sich mein Kind?

Geschlecht bestimmt unseren Alltag in ganz vielen Dingen – von der Kleidung über Erwartungen bis hin zur Sprache. Sie ahnen es vermutlich: Es gibt mehr als zwei Geschlechter auf dieser Welt. Und es geht um mehr als um biologische Merkmale. Denn Geschlecht umfasst auch die Fragen: Wie erlebe ich mich selbst? Welchem Geschlecht fühle ich mich zugehörig? Kann ich so sein, wie ich bin? All das sind Fragen, die Menschen beim Thema Geschlecht bewegen können. Für Ihr Kind gewinnen sie in der Pubertät, wenn nicht schon früher, an Bedeutung.

Wenn wir den Begriff »Eltern« verwenden, sind alle angesprochen, die Erziehungsverantwortung übernehmen – zum Beispiel auch alleinerziehende Mütter und Väter, Patchwork-Eltern, Adoptiv- oder Pflegeeltern, Regenbogenfamilien, Großeltern, Tanten und Onkel und auch ältere Geschwister.

Geschlecht und Geschlechtsidentität – Was bedeutet das genau?

Der Begriff »Geschlecht« umfasst einiges: das körperliche Erscheinungsbild, gesellschaftliche Vorstellungen, Erwartungen, Rollenbilder, biologische Eigenschaften und vieles mehr. Vor allem fällt unter »Geschlecht« aber auch das persönliche Empfinden, die Identität eines Menschen. Mit der Geschlechtsidentität sind das Wissen und das Empfinden zum eigenen Geschlecht gemeint. Doch was heißt das genau?

Nach der Geburt wurde Ihrem Neugeborenen in der Regel ein Geschlecht zugewiesen. Das bedeutet, dass anhand der körperlichen Merkmale weiblich, männlich oder divers in der Geburtsurkunde eingetragen wurde. Es kann aber auch sein, dass der Eintrag offengelassen wurde. So oder so muss das aber nicht automatisch heißen, dass sich Ihr Kind später auch mit dem Geschlecht identifiziert oder wohlfühlt, das in seiner Geburtsurkunde steht.

Das Bild zeigt eine Mutte mit ihrem Kind, die auf dem Sofa sittzen. Das Kind schaut nachdenklich nach unten, die Mutter umarmt es und sieht nach vorne.

Jenseits der Zuschreibung zu einem Geschlecht – zum Beispiel durch den Körper, die Kleidung oder das Auftreten – geht es darum, was wir fühlen. Die wahre Geschlechtsidentität lässt sich nicht vom Äußeren ablesen. Viele Menschen unterschätzen, was das eigene Geschlecht für andere bedeuten kann. Gerade für Kinder und Jugendliche in der Pubertät ist diese Frage zur Identitätsbildung zentral.

Einigen Eltern fällt es schwer zu akzeptieren, wenn ihr Kind seine eigene Geschlechtsidentität findet und dabei das mit der Geburt zugewiesene Geschlecht ablehnt. Was können Sie also tun? Versuchen Sie, Ihr Kind so anzunehmen, wie es ist! Für Ihr Kind ist es wichtig zu merken, dass Sie seine Identitätsentwicklung unterstützen – auch bei ganz konkreten Anliegen oder Fragen, etwa wenn es um Reaktionen des Umfeldes geht. Ihr Kind hat möglicherweise schon lange mit sich gerungen und braucht nun Ihren Rückhalt und Zuspruch.

Welche Begriffe gibt es für die verschiedenen Geschlechtsidentitäten?

Weiblich und männlich sind geläufig und seit einigen Jahren gibt es auch divers als Geschlechtseintrag sowie die Möglichkeit, diesen offen zu lassen. Doch das betrifft nur die juristische Dimension – so vielfältig wie Geschlecht sein kann, so viele Begriffe gibt es, um die Geschlechtsidentität zu beschreiben. Hier eine kleine Auswahl:

  • agender: Damit beschreiben sich Menschen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen.
  • androgyn: Die gängigen Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit sind nicht zu erkennen und eine Zuordnung ist nicht möglich.
  • cis*: Damit sind Menschen gemeint, deren Geschlechtsidentität mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt.
  • genderfluid: Bei genderfluiden Menschen wechselt die Geschlechtsidentität zwischen verschiedenen Geschlechtern. Sie fühlen sich mal mehr dem einen, mal mehr einem anderen Geschlecht zugehörig.
  • (gender)queer: Menschen bringen mit dieser Bezeichnung zum Ausdruck, dass sie die gesellschaftliche Norm von Heterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit, also die Beschränkung auf die beiden Kategorien »Frau« oder »Mann«, ablehnen. Für queere Menschen gibt es mehr als das. Und oft wird der Begriff auch als Sammelbezeichnung genutzt, da er geschlechtliche und sexuelle Vielfalt umfasst.
  • inter*: Der Begriff beschreibt Menschen, deren körperliche Merkmale weder ausschließlich weiblich noch ausschließlich männlich sind. Ihr Körper, aber unter Umständen auch ihr Empfinden, liegt unterschiedlich ausgeprägt irgendwo zwischen weiblich und männlich oder geht über diese Einteilung hinaus. Inter* Menschen können in Deutschland in ihren Papieren den Geschlechtseintrag offen oder »divers« eintragen lassen.
  • neutrois: Neutrois-Menschen empfinden ihr Geschlecht als neutral.
  • nicht-binär* oder non-binary: Das sind Überbegriffe für alle, die die Beschränkung der Geschlechter auf Frau oder Mann ablehnen – Geschlecht ist viel mehr als das.
  • trans*: Trans* Menschen fühlen sich einem anderen Geschlecht zugehörig als dem, das ihnen bei der Geburt zugeteilt wurde.

Und das sind nur einige Begriffe, um Geschlechtsidentität zu beschreiben. Denn Geschlecht ist so individuell wie jeder Mensch. Deshalb gibt es auch Menschen, die sich gar nicht einordnen möchten und jedes »Etikett« für sich ablehnen, – selbst wenn ihnen etwa in offiziellen Papieren ein Geschlecht zugewiesen wurde.

Das Bild zeigt eine junge Person mit kurzen blonden Haaren, die lächend nach vorne schaut

Mein Kind verhält sich geschlechteruntypisch – Wie gehe ich damit um?

Ihr Kind interessiert sich für Themen, verfolgt Hobbies oder bevorzugt Kleidung, die typischerweise einem anderen Geschlecht zugeschrieben werden? Das können – müssen aber nicht unbedingt – Zeichen sein, dass es sich mit seiner Geschlechtsidentität auseinandersetzt. Lassen Sie Ihrem Kind den Raum, sich auszuprobieren und herauszufinden, wie es sich wohlfühlt. Respektieren Sie seine Wünsche, denn Ihr Kind weiß am besten, was zu ihm passt.

Um Ihr Kind mit seiner Geschlechtsidentität so anzunehmen, wie es ist, hilft es, sich so weit wie möglich von gesellschaftlichen Erwartungen und Vorstellungen zu lösen – auch wenn das anfangs schwerfallen kann. Als Eltern sollten Sie es Ihrem Kind selbst überlassen, was es aus seinem Geschlecht macht. Kann es sich bei Ihnen frei ausdrücken? Nehmen Sie es so an, wie es ist? Gehen Sie darauf ein, wenn Ihr Kind mit einem anderen Namen oder Pronomen angesprochen werden möchte? Wenn Sie diese Fragen mit »Ja« beantworten können, tragen Sie viel dazu bei, dass Ihr Kind sich akzeptiert fühlt und dass es selbstbewusst und mutig durchs Leben gehen kann. Und das widerum unterstützt seine Gesundheit!

Das Thema Geschlecht kann in ganz unterschiedlichen Entwicklungsphasen eine Rolle spielen und auch für Sie mit sehr verschiedenen Aufgaben verbunden sein. Es kann zum Beispiel sein, dass schon nach der Geburt oder erst im Laufe der Pubertät festgestellt wird, dass Ihr Kind inter* ist. Sollte sich Ihr Kind als trans* outen, kann das in der Grundschule eine Rolle spielen, teilweise aber auch später oder sogar erst, wenn Ihr Kind erwachsen ist. Doch Unterstützung durch Eltern ist immer angezeigt – ganz egal, welchem Geschlecht sich Ihr Kind zugehörig fühlt und wie sich seine Identitätsfindung gestaltet

Das Bild wurde über die Schulter einer Person aufgenommen und zeigt einen Spiegel. Im Spiegel kann das Gesicht der Person gesehen werden.

Mein Kind ist trans* – Was bedeutet das?

Trans* steht für eine Reihe von Begriffen – transgender, transident, transgeschlechtlich… Gemeint ist hiermit in aller Regel, dass das von außenzugeschriebene Geschlecht nicht dem eigenen Empfinden und dem eigenen Erleben entspricht. Beispielsweise fühlt sich eine Person, die von anderen Menschen als Mann gesehen wird, als Frau.

Manche Eltern erkennen ihr trans* Kind schon in der Kindheit. Denn teilweise merken bereits junge Menschen, dass sie einem anderen Geschlecht angehören. So möchten sie zum Beispiel nicht mit dem von außen zugeordnetem Geschlecht angesprochen oder danach eingeordnet werden. Oft bevorzugen sie Kleidung und ein Erscheinungsbild, das traditionell einem anderen Geschlecht zugeschrieben wird. Oder sie übernehmen in Spielen Rollen anderer Geschlechter. Gleichzeitig lehnen sie häufig ihre eigenen sichtbaren Geschlechtsmerkmale ab.

Es kann aber ebenso sein, dass Ihr Kind erst mit der Pubertät merkt, welchem Geschlecht es sich zugehörig fühlt. Denn sich der eigenen Geschlechtsidentität bewusst zu werden, kann lange dauern und zwischendurch auch verunsichern. Ihr Kind muss nicht sofort wissen, wie es in Zukunft leben möchte. Geben Sie ihm Zeit, Verschiedenes auszuprobieren und für sich herauszufinden, was sich richtig anfühlt. Denn am Ende weiß Ihr Kind genau, wer es ist und wie es von anderen wahrgenommen werden möchte.

Manchmal kann es sein, dass Eltern nicht wahrnehmen, wie sich ihr Kind mit seinem Geschlecht auseinandersetzt. Sie sind dann überrascht, wenn es ihnen anvertraut, dass es trans* ist. Falls es Ihnen auch so geht: Keine Sorge! Das spricht nicht gegen Ihre Erziehung. Wenn Sie Ihrem Kind erlauben, sich auszuprobieren und Sie seine Wünsche ernst nehmen, haben Sie ihm den Raum gegeben, um sich selbst zu finden, – ob es für Sie erkennbar war oder nicht.

Was bedeutet Trans*-Sein für die körperliche Entwicklung meines Kindes?

Manche trans* Menschen nehmen geschlechtsangleichende Maßnahmen vor, kleiden sich anders oder lassen ihren Namen ändern, um ihre äußere Erscheinung dem anzupassen, wie sie sich fühlen. Das ist jedoch immer individuell.

Wenn Ihr Kind sich sicher ist, dass es trans* ist, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Vom Tragen der Kleidung und Accessoires über Änderung von Namen und Pronomen bis hin zur Hormoneinnahme und geschlechtsangleichenden Operation. Diese Schritte wird Ihr Kind vielleicht gehen wollen, wenn es möchte, dass sein Auftreten seine Empfindungen widerspiegelt.

Was Sie nicht sagen sollten

Manche trans* Menschen mögen ihren Körper so, wie er ist. Deshalb trifft die Beschreibung, dass Ihr Kind »im falschen Körper geboren« sei, nicht zu. Und sie ist auch sehr verletzend und sollte daher nicht verwendet werden, um die Geschlechtsidentität zu beschreiben.

Für eine Änderung von Vornamen und Geschlechtseintrag gibt es kein Mindestalter in Deutschland. Aber auch ohne diesen offiziellen Vorgang darf etwa die Kita oder die Schule Ihr Kind seinem Geschlecht entsprechend ansprechen und schriftlich mit dem gewünschten Namen führen. Schon das kann für viele trans* Kinder sehr entlastend sein.

Über medizinische Wege der Geschlechtsangleichung, die für Ihr Kind eventuell interessant werden, kann und muss vor Beginn der Pubertät noch nicht entschieden werden. Hier gibt es viele Möglichkeiten, über die man sich auch als Eltern gut informieren sollte, etwa über Pubertätsblocker, die verhindern können, dass sich der Körper in eine Richtung entwickelt, die Ihr Kind nicht möchte. Nicht nur dazu sondern grundlegend ist es ratsam, möglichst früh Kontakt mit einer Beratungsstelle aufzunehmen. Denn das Geschlecht an die tatsächliche Geschlechtsidentität anzugleichen – auch Transition genannt – dauert in der Regel Jahre. Für medizinische Verfahren, die von kosmetischen Maßnahmen über Hormontherapien bis zu Operationen reichen können, ist in Deutschland eine Begutachtung durch Fachärzt*innen notwendig. In der Regel übernehmen die Krankenversicherungen dann aber auch die Kosten für die Maßnahmen.

Das Bild zeigt eine jugendliche Person, die nachdenklich schaut.

Was ist, wenn die Trans*-Identität meines Kindes mich und andere verunsichert?

Als Eltern können Sie die Geschlechtsidentität Ihres Kindes nicht beeinflussen. Sie können Ihr Kind auf dem Weg zur Identität aber unterstützen. Es ist verständlich, dass Sie sich eventuell Sorgen machen, dass Ihr Kind es durch seine Geschlechtsidentität schwerer haben könnte. Setzen Sie sich dafür ein, dass es von seinem Umfeld gut behandelt wird. Trans* Personen fühlen sich in dem von außen zugeschriebenen Geschlecht unwohl und möchten wie alle anderen Menschen als die Person wahrgenommen werden, die sie tatsächlich sind. Anders zu sein als andere und das nach außen zu tragen, kostet Mut. Umso wichtiger ist es, dass Sie die Entscheidung Ihres Kindes wertschätzen, es so akzeptieren, wie es ist, und es unterstützen.

Wenn Sie wegen der Geschlechtsidentität Ihres Kindes verunsichert sind oder mehr über das Thema erfahren möchten, können Sie sich auch beraten lassen. Das Team der Online- und Telefonberatung von LIEBESLEBEN unterstützt Eltern und trans* Personen mit Informationen und hilft auch bei der Suche nach Beratungsstellen vor Ort.

Mein Kind ist inter* – Was bedeutet das?

Inter* Menschen – manchmal auch intergeschlechtliche oder veraltet intersexuelle Menschen genannt – haben (bereits mit der Geburt angelegte) körperliche Merkmale, die nicht eindeutig als weiblich oder männlich bestimmt werden können oder die typisch für beide Geschlechter sind. Zu den Geschlechtsmerkmalen zählen die Ausprägung der inneren und äußeren Geschlechtsorgane, die Hormonzusammensetzung, die Gene und der Chromosomensatz.

Das Bild zeigt eine Mutter mit ihrem Kind, die zusammen auf dem Sofa sitzen und sich unterhalten.

Es gibt viele unterschiedliche Ausprägungen von Intergeschlechtlichkeit. Nicht alle werden bereits mit der Geburt deutlich – viele zeigen sich erst im späteren Leben, oftmals in der Pubertät. Einige Eltern wissen daher bereits früh, dass ihr Kind inter* ist. Bei der Geburt oder im Rahmen der U-Untersuchungen wurde es festgestellt. Andere erfahren erst später, dass die körperlichen Merkmale ihres Kindes nicht eindeutig weiblich oder männlich sind. Sie merken zum Beispiel in der Pubertät, dass sich der Körper ihres Kindes anders entwickelt als der von Freund*innen oder zu erwartende geschlechtstypische Entwicklungen ausbleiben. Aber ganz unabhängig davon, wann Sie und Ihr Kind von der Intergeschlechtlichkeit erfahren – wichtig bleibt das Wohlergehen Ihres Kindes. Dabei können Sie es zu jedem Zeitpunkt unterstützen!

Was bedeutet Inter*-Sein für die körperliche Entwicklung meines Kindes?

Bei inter* Menschen kann es vorkommen, dass die Diagnose unerwartet geschieht und Komplikationen bei der Entwicklung bestimmter Geschlechtsmerkmale mit sich bringt. Um zu verstehen, was Inter*-Sein für die körperliche Entwicklung Ihres Kindes bedeutet, sind ausführliche Gespräche mit dem Fachpersonal notwendig, unter Umständen aber auch viele Untersuchungen. Beleuchten Sie jedoch kritisch, welche medizinischen Untersuchungen und Maßnahmen erforderlich sind, und lassen Sie sich umfassend dazu aufklären.

Kann mein inter* Kind auch cis* oder trans* sein?

Intergeschlechtlichkeit ist erst einmal eine medizinische Beschreibung – also eine, die auf das von außen zugeschriebene Geschlecht verweist. Die Geschlechtsidentität bestimmt sich jedoch nicht durch die körperlichen Merkmale. Es geht vielmehr darum, wie wir unser Geschlecht empfinden und erleben. Deshalb können inter* Menschen auch cis* oder trans* sein – je nachdem, ob die eigene Geschlechtsidentität der medizinischen Beschreibung als intergeschlechtlich entspricht oder nicht. Oft haben inter* Menschen dabei einen ganz eigenen Bezug zu ihrem Geschlecht.

Alle Untersuchungen und Behandlungen, die nicht medizinisch notwendig sind, sollten nicht durchgeführt werden – hierzu hat der Gesetzgeber im Jahr 2021 ein Gesetz (§1631e BGB) verabschiedet, das medizinisch nicht notwendige Eingriffe zur Geschlechtsveränderung bei intergeschlechtlichen Kindern deutlich erschwert. Das hat gute Gründe: Auch Kindern, die bei der Geburt nicht eindeutig als weiblich oder männlich bestimmt werden konnten, wurde früher eines dieser beiden Geschlechter zugewiesen. Im Nachgang erfolgten dann geschlechtszuweisende Maßnahmen, damit sie körperlich dem festgelegten Geschlecht nahekommen – obwohl es medizinisch gar nicht erforderlich gewesen wäre.

Das Problem dabei ist jedoch, dass diese Maßnahmen meist dazu führen, dass betroffene Menschen ihr ganzes Leben lang Hormone einnehmen oder weitere medizinische Eingriffe über sich ergehen lassen müssen. Das hat sowohl körperliche als auch psychische Folgen bis ins Erwachsenenalter. Zudem ist kurz nach der Geburt noch nicht absehbar, in welche Richtung sich das Kind überhaupt entwickelt – so kann es sich einem anderen Geschlecht viel zugehöriger fühlen als dem durch den Eingriff erzwungenen.

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, das Selbstbestimmungsrecht Ihres Kindes zu achten. Lassen Sie es selbst über medizinische Maßnahmen entscheiden, wenn es alt genug ist, um die Folgen zu verstehen. Behandlungen, die einige inter* Personen auf eigenen Wunsch vornehmen lassen, um ihren Körper zum Beispiel in eine männliche oder weibliche Richtung zu verändern, sind später immer noch möglich.

Das Bild zeigt eine jugendliche Person, die nachdenklich nach oben schaut.

Ihrem Kind ist am meisten geholfen, wenn Sie es unterstützen und ein gesundes Selbstvertrauen mitgeben. Anders zu sein, ist kein Grund, sich zu schämen. Stärken Sie Ihr Kind und sich selbst! Treffen mit Familien, die auch ein intergeschlechtliches Kind haben, können Sie und Ihr Kind ermutigen, indem Sie sich offen über Ihre Erfahrungen austauschen. Es gibt auch Vereine und Selbsthilfegruppen für Familien mit inter* Angehörigen, bei denen Sie Informationen und Unterstützung finden. Und auch wenn das Inter*-Sein erst später, etwa in der Pubertät, festgestellt wird, ist eine Unterstützung durch Sie als Eltern wichtig! Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass Sie da sind und es in seinen Entscheidungen bestärken.

Mein Kind ist nicht-binär* – Was bedeutet das?

Die Bezeichnung »nicht-binär*« wird von Menschen benutzt, die sich nicht oder nicht nur als weiblich oder männlich definieren. Das kann der Fall sein, wenn sie sich gleichermaßen als Mann und Frau sehen, wenn sie sich keinen dieser beiden Kategorien zugehörig fühlen oder auch wenn sich ihre Geschlechtsidentität ändert. Der Begriff umfasst also auch Menschen, die sich als genderfluid* bezeichnen. Damit ist gemeint, dass sich die Geschlechtsidentität zeitweise verändert. Und er schließt auch agender-Personen mit ein, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen.

Auf den ersten Blick wirkt das vielleicht etwas kompliziert... Vielleicht haben Sie Ihr Kind immer nur als Mädchen oder Junge wahrgenommen. Wenn Ihr Kind Ihnen dann sagt, dass es nicht-binär* ist, mag das für Sie schwer verständlich sein. Doch nicht-binär* ist wie jedes andere Geschlecht. Und letztendlich ist es nur wichtig, dass Ihr Kind mit der eigenen Identität im Reinen ist. Beschäftigen Sie sich tiefergehend mit Geschlechtsidentitäten, um Ihr Kind besser zu verstehen. Und versuchen Sie dabei, sich von traditionellen Geschlechterbildern zu lösen.

Übrigens

Manche Menschen geben ihre Anrede direkt mit an, wenn sie sich vorstellen. Oder sie schreiben sie in ihr Social-Media-Profil oder hinter ihren Chat-Namen. Inzwischen tun das auch viele cis*, trans* und inter* Menschen – das erleichtert allen die Ansprache. Zudem sind nicht-binäre* Personen so auch nicht die einzigen, die sich selbst erklären müssen und es wird niemand mehr versehentlich verletzt.

Sprechen Sie offen mit Ihrem Kind über seine Gefühle und fragen Sie nach, wie es angesprochen werden möchte – also mit welchem Namen und Pronomen. Manche nicht-binäre* Menschen möchten nur mit ihrem Namen angesprochen werden. Für einige ist aber auch »er« oder »sie« gewünscht. Und es gibt weitere Formen, etwa »X« oder »sier« oder das englische Wort »they«. Wenn Sie über einen nicht-binären* Menschen sprechen, müssen Sie früher oder später entscheiden, ob Sie über »sie« oder »ihn« erzählen. Dabei kann man das Geschlecht niemandem ansehen. Und falsch wahrgenommen und benannt zu werden, kann sehr verletzend sein. Selbst wenn Sie also denken, das Geschlecht einer Person wäre eindeutig: Fragen Sie einfach nach!

Was bedeutet Nicht-Binär*-Sein für die Entwicklung meines Kindes?

Schon auf der Geburtsurkunde wird Kindern ein Geschlecht zugewiesen – aktuell sind die Möglichkeiten in Deutschland weiblich, männlich, divers oder gar kein Eintrag. Dass ihr Kind später vielleicht ein nicht-binärer* junger Mensch wird, können Eltern und Erziehungsberechtigte oft nicht ahnen. Und der Geschlechtseintrag »nicht-binär*« ist offiziell auch nach den neusten gesetzlichen Anpassungen in Deutschland nicht möglich. Das heißt aber nicht, dass es das Geschlecht nicht gibt oder dass sich Ihr Kind irrt.

Als Eltern können Sie trotzdem eine große Unterstützung sein. Auch wenn die rechtliche Anerkennung noch schwierig sein mag – nicht-binäre* Menschen wissen, was ihr Geschlecht ist – beziehungsweise nicht ist. Es ist nur manchmal schwerer für sie, das anderen Menschen verständlich zu machen. Denn im Alltag sind eben meist nur zwei Geschlechter sichtbar – bei Toiletten, Umkleidekabinen, Formularen und auch in der deutschen Sprache. Unsere Gesellschaft, Bürokratie und öffentlichen Räume müssen sich noch weiterentwickeln, um alle Geschlechter einzubeziehen.

Das Bild zeigt einen Vater mit seinem Kind am Tisch. Beide schlagen ihre Hände zusammen und lachen.

Sie als Eltern können hier unterstützen und das auf unterschiedlichen Ebenen: Sie können sich für die Belange Ihres Kindes einsetzen und helfen, dass auch Ihr Kind in seiner Geschlechtsidentität anerkannt wird – ob im privaten Umfeld, in der Schule oder auch in der Gesellschaft. Und Sie können eine wertvolle Ressource in der Entwicklung Ihres Kindes sein. Geben Sie ihm Freiräume, sich zu entfalten, und Rückhalt, falls andere das nicht tun.

Muss ich mir Sorgen wegen des Geschlechts meines Kindes machen?

Vielleicht hadern Sie mit dem Thema geschlechtliche Vielfalt, haben Ängste oder stellen sich Fragen. Und vielleicht ist es für Sie auch einfach ein schwieriges Thema, mit dem sie bislang kaum in Berührung gekommen sind. Das muss kein Anlass zur Sorge sein! Vielfalt ist normal und sie wird in unserer Gesellschaft auch zunehmend gelebt. Vielmehr trägt es positiv zum Wohlbefinden Ihres Kindes bei, wenn es so sein und leben kann, wie es sich fühlt.

Unterstützen Sie Ihr Kind, damit es sich wohlfühlt und sich selbst so akzeptiert, wie es ist. Das eigene Wohlbefinden hat einen großen Einfluss auf die Gesundheit. Wer glücklich ist und mit sich selbst zufrieden, legt in der Regel mehr Wert auf einen gesunden Lebensstil, weiß besser, die eigenen Ressourcen zu nutzen, und kann zum Beispiel auch leichter mit Rückschlägen umgehen. Das gilt auch, wenn es um die Geschlechtsidentität und geschlechtliche Vielfalt geht.

Nicht immer fällt es Eltern sofort leicht, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Einigen hilft es, wenn sie sich dazu mit anderen Eltern oder im eigenen Freundeskreis austauschen. Vielleicht kann Ihnen aber auch das Gespräch mit Ihrem eigenen Kind Sicherheit geben. Außerdem können Sie sich an eine Beratungsstelle wenden. Und auch die Telefon- und Onlineberatung von LIEBESLEBEN unterstützt Sie gerne.

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